23.12.2023 (#IlTourPrimaDiNatale-Tag 9): Abreise mit InterRail über Schweizer Berge

Auf dem RegionAlps-Netz von Orsières über Le Châble nach Martigny

Bonjour und auf zum letzten Tag #IlTourPrimaDiNatale, an dem das InterRail-Ticket endlich mal genutzt werden will! Zunächst wird heute Morgen das von RegionAlps betriebene, meterspurige kleine Netz nach Martigny befahren. Es fährt ein: der rot-weiße RABe 525-038.

Weit fahren wir aber nicht, denn diese Linie, die R 82, fährt nur zwei Stationen bis zum Umstiegsbahnhof Sembrancher, wo wir hinab nach Martigny in’s Rhônetal fahren könnten. Zunächst wird erst noch ein Abstecher nach Le Châble gemacht. Doch was ist das? Verspätung? In der Schweiz?! Drei Minuten?!? Gibt’s ja gar nicht!

Zunächst wird erst noch ein Abstecher nach Le Châble gemacht. Doch was ist das? Verspätung? In der Schweiz?! Drei Minuten?!? Gibt’s ja gar nicht!

Le Châble ist ein unterirdischer Bahnhof und es gibt nur kurze Wendezeit, somit keine Zeit die Seilbahnstation oben in Augschein zu nehmen.

Über Sembrancher und ab dort non-stop geht es nach Martigny, zum Drei-Minuten-Umstieg in den IR nach Genf, bei dem Lok nicht dort ist, wo sie 𝔡𝔢𝔯 𝔇𝔢𝔲𝔱𝔰𝔠𝔥𝔢 erwartet hätte.

Chemin de fer Aigle–Sépey–Diablerets (ASD)

Weit fahren wir aber nicht mit, denn ausgestiegen wird am Bahnhof Aigle.

Dort suchen wie den meterspurigen Triebwagen nach Les Diablerets, aber weil er die Nummer 404 trägt, finden wir ihn zunächst nicht. Hahaha… ha… ha.

Die Strecke windet sich hinter Aigle durch Rebstöcke und in einer großen Schleife hinter dem Chateau d’Aigle direkt einen Berghang hoch, was schon mal einen schönen Blick zurück erlaubt:

Das erste Stück bis Le Sépey ist der Zug leider ziemlich voll, warum sich aber dann, wenn ich extra den Platz neben mir freimache, ausgerechnet die breiteste Teilnehmerin einer Reisegruppe neben mich auch total Vollschlanken setzen muss, muss man nicht verstehen. Zudem saß ich natürlich auch auch auf der falschen, dem Berg zugewandten Seite, so dass das mit den Fotos nicht wirklich was wird.

Dorthin, nach Le Sépey, führt bei Les Planches eine kombinierte Bahn- und Straßenverkehrsbrücke, was mich direkt an das tschechische Bechyně erinnerte. Die Züge machen dort Kopf, allerdings mit so wenig Zeit, dass ich davon nicht wirklich Bilder machen konnte. Außerdem besteht hier Busanschluss u.a. nach Leysin.

Auf dem zweiten Abschnitt hoch nach Les Diablerets kommen wir dem Schnee näher:

Nach insgesamt 23 meterspurigen Kilometern wird Les Diablerets erreicht und dies bereits seit 1913 und von Anfang an elektrisch. Die elektrischen Installationen von Strecke und Fahrzeugen wurden bei der deutschen AEG in Berlin erstellt, eine Seltenheit für Schweizer Bahnen. Es handelt sich um eine Adhäsionsbahn mit bis zu 60 Promille Steigung, die den Wintersportort Les Diablerets erschließen und später bis nach Gstaad verlängert werden sollte, was aber nie passierte. Die Chemin de fer Aigle–Sépey–Diablerets (ASD) war bis 1999 eine eigenständige Eisenbahngesellschaft, bis alles hier zur TPC fusionierte (Transports Publics de Chablaix).

Im Sommer hätten wir von hier nach Villars-sur-Ollon mit dem Bus fahren können, jetzt im Winter bleibt nur der Weg zurück ins Tal.

Bergab sitzen wir im richtigen Wagen, dem mit #FensterAuf, so dass ich hier auch den untersten Abschnitt noch in Bildern festhalten kann. Kurz vor der Wendeschleife vor Aigle Chateau kommt auf der anderen Seite des Tals die Zahnradbahn Aigle – Leysin in’s Visir, aber die Bäume stehen der Kamera im Weg. Erst nach der Serpentine, als bereits die Rebstöcke östlich von Aigle durchstreift werden, gelingt das bildliche Festhalten am letzten Steilstück von Fontanney herunter. Fast hätte ich da auch die parallel bergab fahrende Bahn erwischt, aber die war dann doch einen Tick schneller.

Vor Aigle fällt außerdem das Chateau de l’Aigle, das Schloss, in’s Auge — Auge heißt auf Schwyzzerdütsch bestimmt Aigli oder so. Ein kurzer Straßenbahn-artiger Abschnitt noch, dann sind wir wieder am Bahnhof.

Mit dem Bus von Aigle nach Villars-sur-Ollon

Von Aigle nach Villars-sur-Ollon führt der schnellste Weg über einen Bus der Line 114 über Ollon. Nach Ollon könnte man zwar noch mit einer weiteren TPC-Linie fahren, da der Bus aber auf den Gegenzug aus Monthey abgestimmt ist, brächte das nicht viel. Der Bus ist natürlich nicht im InterRail inkludiert und kostet CHF 9,60 pro Nase. Hatten wir bislang Glück mit dem Wetter, so scheint sich dieses beim erneuten Erklimmen der Höhen wortwörtlich in Nebel aufzulösen.

Nach dem Passieren der Talstation der Seilbahn zum Roc d’Orsay fahren wir in eine Einbahnstraße hinein — planmäßig, denn zusätzlich zum „Einfahrt verboten“-Schild hat man auf beiden Seiten Baustellenampeln aufgestellt, auf unserer Seite mit den auch im deutschen Straßenbahnverkehr üblichen Balkenzeichen. Diese soll der Busfahrer wohl anfordern können, was aber offensichtlich nicht geklappt hat, denn an einer Gegenstelle kommt uns prompt ein anderer Bus entgegen 😂

Von Villars-sur-Ollon hoch zum Col de Bretaye (BVB)

Villars-sur-Ollon ist ansonsten der typische Skitouristenort mit einem bisschen „too much“: etliche Après-Ski-Bars mit dämlichen Namen wechseln sich ab. Kein Grund also, hier zu bleiben, aber viele Gründe, schnell weiter zu fahren.

Hierzu wechseln wir wieder auf den Zug und zwar einen mit Zahnradstange: zum Triebwagen 83 und seinen beiden Beiwagen kommt man aber tatsächlich nur nach Passieren eines Fahrkartenschalters. Kein Problem, die Interrail-Ticketansicht auf dem Handy wird problemlos akzeptiert.

Der Blick hinter den zweigleisigen Abschnitt bis Roches Grises deutet es schon an und beim folgenden Bergaufstieg bestätigt es sich: Nebel hüllt den Wald in ein graues Kleid [oh, wie lyrisch. -Die Red]. Ob wir oben wohl überhaupt was sehen werden?

Und hier die Bescherung: und ob wir was sehen!

Kurz vor dem Bahnhof an der Herberge Col de Soud taucht die Strecke aus dem Nebel auf…

…und es eröffnet sich eine Schneelandschaft im Sonnenschein!

Und prompt tauchen die ersten Skifahrer auf…

…die die kurze Abfahrt bis zum Bahnhof Bouquetins gleich mit einem Besuch im dortigen Cafe veredeln und der Anzahl der aufrecht abgestellten Skier nach zu beurteilen sind das eine ganze Menge.

Mein Augenmerk gilt aber natürlich eher der nicht planmäßigen Zugkreuzung hier, denn am benachbarten Gleis steht BDeh 2/4-Triebwagen Nr. 25, 1944 in Betrieb genommen und anlässlich des 125-jährigen Streckenjubiläum in der ursprünglichen Farbe dunkelrot lackiert. Dieser kommt wohl ab und an auch noch regulär zum Einsatz, hier fährt er aber leer. Hinter seinem anhängenden Flachwagen steht ein Mitarbeiter mit einer Schneeschaufel und befreit die Strecke von Schnee.

Für uns geht es weiter bergauf und aus dem Zug heraus beobachtet scheint dieses Skifahren ja echt Spaß zu machen…

Der Endbahnhof Col-de-Bretaye liegt auf 1808m Höhe und wird seit dem 18. Dezember 1913 angefahren, um die Skifahrer von Villars-sur-Ollon auf die Pisten zu bringen. Die Strecke verwendet eine Zahnstange nach System Abt, die maximale Steigung beträgt 170 Promille.

Zwei Tellerlifte führen vom etwas tiefer gelegenen Lac de Betraye hoch, ein Tellerlift höher zum Roc d’Orsay. Ein Sessellift führt auf den Chamossaire, zwei parallele Zweierschlepplifte auf den Chaux-Ronde. Sechs Anfängerpisten lassen mich kurz überlegen, ob ich… ähm, nein. Selbst für mich als Laien sieht dies nicht nach dem größten und populärsten Skigebiet ever aus, aber ist ja auch schön, wenn es mal nicht überlaufen ist.

Als Nicht-Skifahrer und mit unserem Gepäck nehmen wir die Rückfahrt gleich wieder mit.

Oder stehen wir doch auf Skiern und uns fotografiert eine Drohne? Was, Seitenspiegel? Mift.

Tolle Bilder, oder? Ich stehe immer noch kritisch zum Skizirkus, aber gönne ihnen sicher ihren Spaß.

Der Name der Haltestelle Le Golf deutet es schon an: im Sommer liegt hier unterhalb der Strecke wohl ein Golfplatz. So tief unten treffen wir weniger auf Skifahrer aber ein einzelner Langläufer komplettiert das Panoramagemälde.

Vor Col de Soud kommt der Nebel mit Wucht zurück und die Strecke taucht erbarmungslos immer tiefer in ihm ab. Aber selbst dort ergeben sich noch bildschöne, stimmungsvolle Momente. Was für tolle Minuten!

Von Villars nach Bex (BVB)

In Villars-sur-Ollon bestand nun Anschluss zum zweiten Teil der Chemin de fer Bex–Villars–Bretaye (BVB), nämlich dem nach Bex, den Ort kennt man ja von der gleichnamigen Industriebrauerei. Hierzu stand BDeh 4/8-Triebwagen Nr. 93 „Tüttlingen“ bereit – der Name der Partnergemeinde stand wohl Pate und wurde dem Schweizer Dialekt angepasst.

Die Strecke bis Gryon ist im Prinzip eine Straßenbahnstrecke und gerade mit dem dominanten Nebelgrau zunächst mal eher uninteressant. Erst dort, wo die Zugkreuzung mit dem baugleichen Triebwagen 92 „Barboleuse“ stattfindet, erahnt man, dass es unten im Tal wieder heller wird.

Sterker nog, wie man im Niederländischen sagt, die Wolken hängen wie man später in Gryon-Chalméry noch deutlicher sehen kann wie mit Photoshop rein montiert in fast einer senkrechten Linie über dem Rhônetal.

In einer größeren Schleife geht es etwas flotter bergab durch Wald- und ein bisschen Chalet-artiges Gebiet ins Tal der L’Avançon…

…wo kurz vor Bévieux der Himmel aufklärt, und das über einem idyllisch abgelegenen Bauernhof, der so aussieht, als ob da Heidi und Peter wohnen könnten, fehlt halt nur die Alm.

Wenig später passieren wir den Betriebshof der BVB in Bévieux, wo draußen der historische Be 2/2-Triebwagen Nr. 9 geparkt steht, der freilich mal etwas neuen Lack vertragen könnte.

Bis und vorallem in Bex fahren wir dann wieder wie eine Straßenbahn, im Sinne von nah an bzw. in der Straße und mit gemäßigtem Tempo.

Auf der Rue Centrale ergibt sich durchaus die ein oder andere Engstelle, an der entgegen kommende Autos zurücksetzen müssen.

Mit etwas mehr Platz geht es dann über die Avenue de la Gare nach einer Kurve im rechten Winkel auf den Bahnhof zu…

…wo Anschluss zur SBB besteht und die BVB schlicht mitten auf dem Vorplatz hält, ohne dass es einen Bahnsteig gäbe. Barrierefrei ist das nicht, aber das „Parken“ dort sieht schon interessant aus.

Man sieht es auf dem Bild, die Gleise knicken noch nach links bzw. Süden ab, enden dort aber wenig später, teils auf der Straße, teils an einem Schuppen, bei dem vermutlich mal Güter umgeladen wurden. In Zukunft wird der Zug dort an einem mit der SBB/CFF/FFS geteilten Bahnsteig halten.

Heimfahrt Richtung Lindau

Es folgte dann noch die Heimreise im weiteren Sinne, es ging nicht heim sondern zu Weihnachten in’s Allgäu. Hierzu bestand in Bex Anschluss mit dem RE 33 nach Lausanne, dort freilich etwa eine halbe Stunde Wartezeit auf den nächsten IC nach Zürich — der vorherige IC fährt planmäßig vier Mnuten vor Ankunft, auch ein Taktfahrplan muss Kompromisse machen.

In Zürich wurde dann auf den RJX nach Feldkirch gesetzt, nicht nur, weil wir eine Stunde früher als ursprünglich geplant da waren, sondern weil man ja die Zuverlässigkeit des ECs nach München kennt. Der kam, wie später klar wurde, auch tatsächlich nicht in Zürich an sondern wendete in St. Gallen und fuhr auch nur noch bis St. Margrethen.

Lustigerweise kam in Feldkirch dann aber auch noch der RJX nach Frankfurt mit 208 Minuten Verspätung, der aber aufgrund seiner Verspätung von der DB abgelehnt wurde und ebenfalls nur noch bis Bregenz fuhr. Alles kein Problem gewesen am Ende, aber das Stück St. Margrethen/Rheintal – Allgäu kostet halt immer noch mal Zeit.

Und damit endete #IlTourPrimaDiNatale!