20.01.2024: Auf die Rigi (#rigiros)

Vorgeplänkel

Etwas früher los und ab Singen erst mal mit einer S-Bahn. Warum? Weil im IC nach Zürich die Verkehrsfreigabe für das Deutschlandticket nur bis Singen gilt, nicht aber von Singen bis Schaffhausen, ab wo mein Interrail-Ticket gelten würde, und ich für die €7,65 (Flexpreis BC 50, wenn man den IC von Singen bis Schaffhausen auswählt) zu faul bin. Wählt man im Navigator übrigens eine Verbindung mit der S62, wollen sie einem das Baden-Württemberg-Ticket zu €26,50 verkaufen…

7 526 796-8 als Thurbo S52 nach Schaffhausen

Kurzer Blick in den Bahnhof Schaffhausen…

…bis besagter IC einfährt, jetzt legal nutzbar zur Fahrt über so einen Fluss…

…in so eine Stadt, in der eine Standseilbahn mit so roten Wagen hoch fährt zu so einer Station mit einem Fachwerkhäuschen.

Und was gibt’s nun dort? Einen schönen winterlichen Ausblick von der Polyterrasse über besagte Stadt Zürich bis hin zum Uetliberg:

Blick von der Polyterrasse über Zürich zum Uetliberg

Die Arth-Rigi-Bahn

All das war aber nur Zeit totschlagen bis der Anschlusszug fuhr und zwar nach: Arth-Goldau! Und dort erwartete uns das hier: die Arth-Rigi-Bahn, oder wie sie jetzt wohl nur noch heißt, Rigibahn, obwohl man sie dem Englisch sprechenden Publikum sicher auch als Mount Rigi Railway verkäuft.

Seit 4. Juni 1875 fährt die normalspurige Zahnradbahn die 8,55km lange Strecke vom Arther Bahnhof hoch zur Endstation Rigi Kulm auf der Rigi, der Königin der Berge. Da die meisten Passagiere früher mit dem Schiff anreisten, begann sie ursprünglich sogar noch weiter unten in Arth am Ufer des Zugersees, seit 1881 aber getrennt als Adhäsionsbahn, die mit 66‰ Steigung zu den steilsten Normalspurbahnen der Schweiz gehörte. Dieser Zweig wurde 1959 stillgelegt und abgebaut.

Und was ein Glück wir hatten, es fuhr eine historische Garnitur bestehend aus dem blau-weißen Triebwagen 7 und dem Holz-vertäfelten Beiwagen mit der Nummer 33 sowie Flachwagen Nr. 65 🤩

Von den Unterwegshalten sieht man nicht viel, da die Scheiben schnell beschlugen und wir mitreisende Fahrgäste nicht zu sehr mit #FensterAuf und folgender Kälte belästigen wollten, von einem zweigt eine Seilbahn zu einem separaten Berg, der Rigi Scheidegg ab. Von weiter oben kurz vor der Rigi Staffel gibt es aber ein paar Bilderchen, die nicht nur bereits die grandiose Aussicht vorneweg nehmen, sondern auch das hier sonst fahrende 1970er Material wiedergeben.

Im Bahnhof Rigi Staffel an einem Scheitelpunkt steigen einige bereits aus:

Aussteigende am Bahnhof Rigi Staffel

Hier kommt auch das Gleis der Vitznau-Rigi-Bahn hinzu, ebenfalls eine normalspurige Zahnradbahn, die von Vitznau am Vierwaldstättersee aus das Wettrennen zur Ersterschließung der Rigi für sich entscheiden konnte und überdies überhaupt die erste Zahnradbahn Europas war: seit 21. Mai 1871 ging es bereits nach Rigi Staffel, Ende Juni zwei Jahre später auch zur Spitze bei Rigi Kulm.

Nachbargleise und Wolkenmeer in Rigi Staffel

Weil die beiden Zahnradbahnen ewig lang Konkurrenten waren, führen zwei ehemals strikt getrennte Trassen hoch. In Rigi Staffel sieht man bedingt durch die Zweigleisigkeit der ARB sogar insgesamt drei Gleise und prompt kommt uns auf dem mittleren Gleise auch gleich die nächste 1970er Jahre-Einheit entgegen.

An der Endstation Rigi Kulm begegnen uns nicht nur weitere abgestellte Triebwagen der ARB sondern erstmals auch jene der VRB, deren Design ein dezentes „What the Frost“-Gefühl auslösen, aber dazu später.

Auf der Rigi

Hier oben eröffnen sich erst recht spektakuläre (kennt ihr das auch, jedes Mal, wenn jemand irgendwo „spektakulär“ schreibt, ist man sofort skeptisch und zuckt absichtlich nicht mal mit der Wimper?) Blicke auf die umliegende Berglandschaft aber was macht man jetzt hier oben, sofern man sich nicht sehr leicht auf die Schnauze liegt?

Schlittenfahrer auf dem Kulmweg

Man könnte „Schlitteln“ gehen, Schlitten fahren, und den müsste man nicht Mal mitbringen, denn man könnte sie hier oben auch mieten. Zumindest beim Kulmweg im Bild muss man sich aber den Weg mit Schneewanderern teilen, aber runter nach Rigi Staffel gab es auch eine eigene Piste.

Man könnte zum Beispiel ins Rigi Kulm Hotel, wenn nicht zur Übernachtung denn zur Einkehr…

…oder man kraxelt sich wie wir an Schnee aufgeschlagen wie italienisches Zitroneneis vorbei…

Pulverschnee aufgeschlagen wie Eis

…vorsichtig hoch zum Sendemast mit seinen vielen Antennen…

…und genießt einen Fernblick über den Zugersee vorbei zum Hausberg Zürichs, dem Uetliberg, und sogar darüber hinaus bis zum Rande des Schwarzwalds.

Blick über den Zugersee Richtung Zürich und Schwarzwald

Auf der anderen Seite dann der Blick vom Rande des Abgrunds (hier dramatische Musik vorstellen) auf den wohl bekanntesten der Seen hier, dem Vierwaldstättersee.

Blick zum Vierwaldstättersee

Die Vitznau-Rigi-Bahn

Und dorthin brachte uns dann dieses… Etwas. Auf der Vitznau-Rigi-Bahn fahren anscheinend nur noch diese modernen Designikonen, die sich einerseits durch eine hellbraun lackierte, etwas schräg nach oben erhobene Spitze auszeichnen, die andererseits ähnlich wie manch britischer Zug vorne aufgeteilt ist: neben der Scheibe der relativ schmalen Fahrerkabine kann man tatsächlich auf einer wellenförmigen Bank liegen und mit vorne heraus schauen und zwar durch eine im Notfall wohl zu öffnenden Tür. Die große Frage des „…but why?“ kann ich hier auch nicht beantworten.

Stadler Bhe 4/6 Triebwagen Nr. 44 der Vitznau-Rigi-Bahn in Rigi Kulm

Anderswo wird tunlichst darauf geachtet, dass man ja nicht Gleise kreuzt, hier führt ein Wanderweg ein Stück weit direkt parallel und kreuzt die Zahnradstrecke mehrfach.

Stetig herab geht es nach Rigi Staffelhöhe, wo eine Skiabfahrt beginnt, und in einer Kurve weiter nach Rigi Kaltbad, wo ein Schlepplift die Bretterpiloten wieder über die Gratalp nach oben zieht.

Gleichzeitig nähern wir uns ähnlich wie Ende Dezember am Col-de-Bretaye immer näher der von oben so flauschig aussehenden Wolkendecke, aber wenn man diese dann mal durchbrochen hat, hängt sie unten trüb über dem Vierwaldstättersee. Damit aber nicht genug…

…irgendein Marketingexperte hielt es für eine tolle Idee, kurz vor Fahrtende dann auch noch DAS hier im Zug abzuspielen, so damit der das erste Mal unseren Kontinent besuchende Tourist sich endgültig kommerziell gut aufgehoben fühlt.

Die Talstation in Vitznau ist interessanterweise in so einem 1960er/Kubismusstil gehalten, daneben sehen diese… Designtriebwagen noch seltsamer aus. Wenn sie runder wären, könnte man sie ja fast für Wüstenwürmer halten…

Die Vierwaldstättersee Schifffahrt

In Vitznau bestand dann Anschluss an die Vierwaldstättersee Schifffahrt…

Die Schiffsstation von Vitznau hinter einer großen Zahnradbahndrehscheibe

…und die „Europa“ brachte uns nach Luzern. Interrail bringt auf dem Schiff ebenso wie bei der Rigibahn 50% Rabatt, nur dass das bei der Rigibahn zwangsläufig auf eine Tageskarte für CHF 39 hinaus läuft, während die hier erwerbbare einfache Bootsfahrt mit CHF 15,50 vergleichsweise günstig ausfällt. Das Schiff ist auch mit einfacher, aber angenehm präsentierter Küche dann eine Gelegenheit zum Mittagessen, denn die sich anschließenden Nebenbahnfahrten fanden alle mit Fahrzeugen des Nahverkehrs ohne Restauration statt, so etwa mit der S 8 nach Lenzburg, im abschließenden Bild bereits mit der Anzeige zur Rückfahrt eingestellt.